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Schwerpunkt Markt

Sechster Österreichischer Kreativwirtschaftsbericht

Zusammenarbeit mit Unternehmenskunden

Unternehmen sind wichtigste Kundengruppe der Kreativwirtschaft

  • Privatwirtschaftliche Unternehmen sind die wichtigste Kundengruppe der österreichischen Kreativwirtschaft. Im Jahr 2013 entfielen auf sie knapp zwei Drittel des gesamten Umsatzes der Branche.
  • Die privatwirtschaftlichen Kundenunternehmen kommen dabei aus faktisch allen Branchen der Wirtschaft. Kreative Inputs sind ein wesentlicher Teil vieler Wertschöpfungsprozesse sowohl in der produzierenden Wirtschaft als auch im Dienstleistungssektor.
  • Der größte Teil der privatwirtschaftlichen Unternehmen – im Jahr 2013 waren es über 70% – greift regelmäßig auf Leistungen aus der Kreativwirtschaft zurück.
  • Am häufigsten fragen privatwirtschaftliche Kundenunternehmen Kreativleistungen aus den Bereichen Grafik, Layout und Bildbearbeitung, Softwareprogrammierung, Werbung und Marketing sowie Produktdesign und Gestaltung nach.
  • Nur in wenigen Kreativbereichen wie Musik, Buch und künstlerische Tätigkeit sowie in Teilbereichen der Designbranche (Mode, Schmuck) bilden nicht Unternehmen, sondern Privathaushalte die wichtigste Gruppe von KundInnen. Im Bereich der Architektur spielt außerdem die öffentliche Hand als Nachfragerin eine große Rolle.

Export trägt 15% zum Umsatz der österreichischen Kreativwirtschaft bei

  • Die privatwirtschaftlichen Kundenunternehmen der österreichischen Kreativwirtschaft kommen nicht nur aus dem Inland. Im Jahr 2013 wurden rund 15% des Branchenumsatzes mit Unternehmenskunden aus dem Ausland erzielt.
  • Dabei sind es eher die kleineren Kreativwirtschaftsunternehmen, die Auslandsaufträge an Land ziehen konnten. Als wesentlicher Erfolgsfaktor für eine Auslandspräsenz erweist sich die Innovationsorientierung des Angebots.

Geringes Auftragsvolumen pro Kundenunternehmen

  • Das Auftragsvolumen pro Kundenunternehmen und Jahr ist meist sehr gering und liegt bei vielen Kundenunternehmen unter 10.000 Euro. Dieser Betrag verteilt sich häufig auf verschiedene Kreativleistungen und mehrere AuftragnehmerInnen.
  • Für Kreativwirtschaftsunternehmen bedeutet dies, eine große Anzahl von KundInnenprojekten mit jeweils kleinem Umfang umzusetzen.
  • Die besondere Herausforderung ist dabei, dass jeder Auftrag meist auf die konkreten KundInnenbedürfnisse zugeschnitten werden muss, wobei sich die Projektanforderungen während der Umsetzung häufig ändern können.
  • Die KundInnen schätzen an den Kreativleistenden, dass sie eine hohe Qualität und fachliche Kompetenz mit dem flexiblen Eingehen auf ihre spezifischen Wünsche kombinieren und gleichzeitig neuen Ideen und innovative Ansätzen einbringen.

Konzentration auf wenige KundInnen als Erfolgsfaktor

  • Kreativwirtschaftsunternehmen, denen der Spagat zwischen starker KundInnenorientierung und innovativen Lösungsvorschlägen gelingt, profitieren von einer hohen KundInnenbindung und stehen auch kaum in einem Preiswettbewerb, d.h. bei solchen Geschäftsmodellen ist der Angebotspreis für die KundInnen nicht das allein entscheidende Kriterium für die Auftragsvergabe.
  • Kreativwirtschaftsunternehmen, die sich auf wenige KundInnen konzentrieren, können eine solche Strategie leichter umsetzen. Diese Strategie birgt allerdings die Gefahr einer größeren Abhängigkeit der eigenen Geschäftsentwicklung von der Entwicklung der Kundenunternehmen.
  • Insgesamt sehen derzeit noch nicht alle Kreativwirtschaftsunternehmen für sich selbst die Rolle eines „Innovationsdienstleisters“. Insbesondere der Beitrag, den sie zur Ideenlieferung und zu Innovationsprozessen für ihre KundInnen leisten können, wird häufig unterschätzt.

KundInnen mit Kreativleistungen sehr zufrieden

  • Insgesamt sind die KundInnen mit den Kreativleistungen sehr zufrieden. Trotz hoher Qualitätsansprüche geben die allermeisten KundInnen an, dass die Qualität der Leistungen immer oder zumindest meistens ihren Vorstellungen entsprochen hat. Auch die reibungslose Kommunikation und die Einhaltung der kalkulierten Preise werden von den meisten KundInnen gelobt.
  • Besonders wichtig sind den KundInnen die erfrischenden Ideen, die sie von Kreativschaffenden erhalten. Sie sehen Kreativleistungen insbesondere als einen Weg, ihre eigene Innovationsleistung zu verbessern und sich dadurch besser von der Konkurrenz absetzen zu können.
  • Wenn KundInnen Kreativwirtschaftsunternehmen in ihre internen Prozesse einbinden, was sehr häufig geschieht, dann erfolgt dies, um sie an den eigenen Innovationsprojekten teilhaben zu lassen.

Kreativkapazitäten in Kundenunternehmen und Netzwerke innerhalb der Kreativwirtschaft

Eigene Kreativkapazitäten der Kundenunternehmen wesentlicher Nachfragetreiber

  • Die Nachfrage nach Kreativleistungen wird seitens der Kundenunternehmen wesentlich vom Vorhandensein eigener Kreativkapazitäten getrieben. Unternehmen ohne eigene Kreativkapazitäten fragen deutlich seltener Kreativleistungen nach.
  • Je höher die Kreativkapazitäten der Kundenunternehmen sind, desto eher sind sie auch in der Lage, ihre Anforderungen klar zu formulieren, Kreativleistungen effektiv zu nutzen und die Zusammenarbeit mit den Kreativschaffenden erfolgreich zu gestalten.
  • Die Kreativbeschäftigten in den Kundenunternehmen stellen einen wichtigen Türöffner für die Kreativwirtschaft dar. Insbesondere Kundenunternehmen mit eigenen Kapazitäten im Bereich Werbung, Design und Grafik greifen intensiver auf externe Kreativleistungen zurück.

Kreativbeschäftigte in Kundenunternehmen als PartnerInnen für Kreativwirtschaftsunternehmen

  • Die „Türöffnerfunktion“ von Kreativbeschäftigten in Kundenunternehmen ergibt sich daraus, dass sie den Wert von Kreativleistungen besser erkennen und in die eigenen Prozesse einbinden können.
  • Externe Kreativleistungen ergänzen dabei die eigenen Fähigkeiten sowohl Kapazitäten als auch spezifisches Know-how betreffend.
  • Die Kreativwirtschaft sollte die Kreativbeschäftigten in den Kundenunternehmen somit als wichtige PartnerInnen betrachten, mit denen sie gemeinsam Projekte formulieren und umsetzen kann.
  • Das Potenzial hierfür ist sehr groß, denn alleine in den inländischen Hauptkundenbranchen der Kreativwirtschaft arbeiten mehr Kreativbeschäftigte (nämlich rund 200.000 in den Bereichen Softwareprogrammierung, Werbung/Marketingkonzeption, Grafik/Layout/Bildbearbeitung, Produktdesign) als in der Kreativwirtschaft selbst (ca. 140.000).

Enge Verflechtung zwischen Kreativbereichen

  • Ein zentrales Merkmal der Kreativwirtschaft ist die enge Verflechtung zwischen einzelnen Kreativwirtschaftsunternehmen, und zwar sowohl innerhalb eines Kreativbereichs als auch zwischen Kreativbereichen.
  • Dahinter stehen verschiedenen Modelle von Geschäftspartnerschaften zwischen Kreativwirtschaftsunternehmen ebenso wie Agenturmodelle mit einer/einem „GeneralkreativunternehmerIn“. Denn oft treten Kreativschaffende nicht direkt mit den EndnutzerInnen ihrer Kreativleistungen in Kontakt, sondern lassen andere Kreativwirtschaftsunternehmen vermitteln.
  • Insbesondere der Bereich Video und Film und der Bereich Radio und TV setzen einen großen Teil ihrer Leistungen an andere Kreativwirtschaftsunternehmen ab. Insgesamt machen andere Kreativwirtschaftsunternehmen fast 40% des gesamten Umsatzes der Kreativwirtschaft mit
    Unternehmenskunden aus.

Potenziale für mehr privatwirtschaftliche Nachfrage

Potenzial für mehr Kreativleistungsnachfrage vorhanden

  • Trotz des insgesamt positiven Bildes der Zusammenarbeit zwischen privatwirtschaftlichen Kunden- und Kreativwirtschaftsunternehmen bestehen verschiedene Verbesserungsmöglichkeiten und damit Potenziale für eine höhere Nachfrage nach Kreativleistungen.
  • So bezog über ein Viertel der Unternehmen aus den Hauptkundenbranchen im Jahr 2013 keine Kreativleistungen, und die Beträge, die Kundenunternehmen für Kreativleistungen ausgeben, sind recht niedrig.
  • Als wichtigsten Grund, auf die Nachfrage nach (weiteren) Kreativleistungen zu verzichten, geben die KundInnen der Kreativwirtschaftsunternehmen an, dass sie für sich keinen Bedarf sehen.
  • Demgegenüber ist aus Sicht der meisten Kreativwirtschaftsunternehmen die Schwierigkeit der KundInnen, den Nutzen von Kreativleistung vorab richtig einschätzen zu können, hauptverantwortlich.

Nutzen von Kreativleistungen für viele KundInnen nicht immer transparent

  • Für die KundInnen von Kreativleistungen ist es oftmals schwierig, den Nutzen von Kreativleistungen zu erkennen. Dies führt dazu, dass KundInnen das Preis-Leistungs-Verhältnis als ungünstig wahrnehmen.
  • Hier wäre „Aufklärungsarbeit“ notwendig, um weitere Nachfrage zu stimulieren. Denn die Qualität und Vielfalt der angebotenen Kreativleistungen sehen die KundInnen kaum als Hemmfaktor.
  • Nur ein kleiner Teil der Unternehmen in den Hauptkundenbranchen der Kreativwirtschaft gab an, dass ein fehlendes Angebot an Kreativleistungen oder die Schwierigkeit, geeignete AnbieterInnen von Kreativleistungen zu finden, wesentliche Verzichtsgründe seien.

Innovationsgrad, Qualität, Flexibilität und unternehmerisches Denken als Wettbewerbsfaktoren

  • Aus Sicht der Kundenunternehmen würde neben preisgünstigeren Angeboten vor allem ein höherer Innovationsgehalt der Kreativleistungen die Nachfrage stimulieren. Wichtig ist außerdem, eine hohe Qualität und Flexibilität anzubieten.
  • Außerdem fordern viele Kundenunternehmen ein stärkeres unternehmerisches Denken der Kreativschaffenden ein. Hier sieht auch die Kreativwirtschaft selbst ihr Hauptdefizit.
  • Ein stärkeres unternehmerisches Denken bedeutet dabei unter anderem, die Geschäftsmodelle und -methoden der KundInnen besser zu verstehen und die Kreativleistung als Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Kundenunternehmens anzubieten. Dabei sollten auch neue Innovationsthemen in den Kundenbranchen, wie z.B. Industrie 4.0, aufgegriffen werden. Von verstärkten direkten Marketinganstrengungen der Kreativwirtschaftsunternehmen halten die KundInnen dagegen nicht viel.

Öffentliche Hand als Kreativleistungsnachfragerin

Rund 1,9 Milliarden Euro an Kreativleistungsnachfrage durch die öffentliche Hand

  • Die öffentliche Nachfrage (einschließlich der öffentlichen Sektoren wie Energie- und Wasserversorgung, Verkehr, Entsorgung etc.) macht in etwa 10% der Gesamtnachfrage nach Kreativleistungen in Österreich aus. Dies entspricht in absoluten Zahlen ca. 1,9 Milliarden Euro. Im Vergleich zu Ländern mit einem starken Kreativwirtschaftssektor liegt Österreich damit im Mittelfeld. Die Zahlen anderer Länder wie Dänemark oder Neuseeland zeigen, dass der Anteil der öffentlichen Nachfrage nach Kreativleistungen auch höher liegen kann, wenngleich bei internationalen Vergleichen stets die jeweils spezifischen Strukturen des öffentlichen Sektors berücksichtigt werden müssen.

Vielfalt an öffentlichen AkteurInnen bedingt heterogene Struktur der öffentlichen Nachfrage

  • Die Praxis der Nachfrage nach kreativwirtschaftlichen Leistungen in Österreich ist entsprechend der Vielfalt an öffentlichen AkteurInnen sehr heterogen. Die Bedürfnisse der unterschiedlichsten öffentlichen Stellen (Gebietskörperschaften auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene, Behörden, öffentliche Unternehmen) sind unterschiedlich und lassen kaum Verallgemeinerungen zu.
  • Die Bereitstellung von Informationen (im Sinne von Kommunikation mit den BürgerInnen) stellt einen wesentlichen Anteil an der kreativwirtschaftlichen Nachfrage der öffentlichen Hand dar. Im Zuge einer laufenden Modernisierung der öffentlichen Verwaltung (New Public Management) kann davon ausgegangen werden, dass diese Bedeutung in Zukunft noch weiter zunimmt.

International gilt die Kreativwirtschaft als strategisch wichtiger Sektor

  • Andere Länder wie Dänemark, Großbritannien, Neuseeland, Niederlande und Südkorea berücksichtigen in ihren wirtschaftspolitischen Strategien explizit die Kreativwirtschaft und sehen die Branche von ähnlicher strategischer Bedeutung wie andere Leitindustrien. Die Förderung der Kreativwirtschaft erfolgt über eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen, die von der Bildungspolitik über die Innovations- und Außenwirtschaftspolitik bis zum Schutz gewerblicher Rechte und der staatlichen Förderung einzelner Teilmärkte der Kreativwirtschaft (z.B. Film, Games, Design) reichen.
  • Ein besonderer Schwerpunkt ist in vielen Ländern die Beschaffungspolitik des Staates, um die Nachfrage nach Kreativleistungen zu stimulieren. Die Kreativwirtschaft wird oft als Teilbereich einer Strategie der innovationsfördernden öffentlichen Beschaffung betrachtet. Österreich hat hier bereits viele Maßnahmen gesetzt und mit dem Leitkonzept für eine innovationsfördernde öffentliche Beschaffung den Weg für eine weitere Stärkung dieses Instruments vorgezeichnet.

Ansatzpunkte zur besseren Nutzung der Nachfragepotenziale nach Kreativleistungen

Ein Potenzial für mehr Nachfrage nach Kreativleistungen ist sowohl im Bereich der privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch bei der öffentlichen Hand zweifelsfrei vorhanden:

  • Mehr als ein Viertel der inländischen Unternehmen aus den Hauptkundenbranchen der Kreativwirtschaft hat 2013 keine Kreativleistungen nachgefragt.
  • Von den Unternehmen, die extern Kreativleistungen bezogen haben, haben fast drei Viertel weniger als 10.000 Euro pro Jahr ausgegeben.
  • Im Mittel beziehen die Unternehmen der Kundenbranchen 1,2% ihrer Vorleistungen aus der Kreativwirtschaft. Wenngleich dieser Wert in etwa dem von anderen Ländern entspricht, scheint dennoch ein höherer Kreativanteil der Vorleistungen realisierbar. Dies gilt insbesondere für Kundenunternehmen, die Kreativleistungen vorrangig selbst erstellen und damit auf die Expertise von ProfessionistInnen verzichten.
  • Potenziale bestehen außerdem im Export. Zwar ist der Exportanteil der Kreativwirtschaft mit 15% gut, in vielen Branchen aber noch ausbaufähig.
  • Ein vielversprechendes Feld für mehr Kreativleistungsnachfrage ist die öffentliche Hand. Potenziale bestehen dabei auf allen Ebenen der Gebietskörperschaften und in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung. Vor allem zur Verbesserung der Servicequalität und der Verfügbarkeit von öffentlichen Leistungen sind die Möglichkeiten der Einbeziehung der Kreativwirtschaft erst wenig genutzt. Gleiches gilt für den Beitrag der Kreativwirtschaft zu innovativen Formen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (z.B. E-Government, Architektur, Kommunikationsdienstleistungen, Service-Design).

Um das Nachfragepotenzial besser zu nutzen, kann die Kreativwirtschaft selbst ebenso wie die Wirtschaftspolitik wichtige Schritte setzen.

Stärkere Positionierung als Innovationsdienstleister

  • Seitens der Kreativwirtschaft besteht die wichtigste Aufgabe in einer stärkeren Innovationsorientierung. Kreativwirtschaftsunternehmen sollten sich als Innovationsdienstleister verstehen und ihre Angebote viel häufiger, als dies heute der Fall ist, als einen Beitrag zum Innovationsprozess der KundInnen sehen.
  • Gerade hier sehen viele KundInnen noch Verbesserungspotenzial. Dabei geht es u.a. darum, die Bedeutung von kreativen Ideen für die Stärkung der Innovationstätigkeit der Kundenunternehmen bereits bei der Angebotslegung herauszustreichen.
  • Hierfür ist aber ein gründliches Verständnis der Absatzmärkte der KundInnen und der spezifischen Herausforderungen von Innovationsprozessen in den Kundenbranchen nötig.