
Oliver IrschitzGrößer denken, um nachhaltige Utopien umzusetzen
Intuitive Interfaces gestalten– so beschreibt der Designer Oliver Irschitz den Kern seiner Arbeit. Früher interaktive Möbel, heute Verpackungen für die Kreislaufwirtschaft und ein nachhaltiges hydroelektrisches Flugzeug.

„dabba“ sollen die neuen Behältnisse heißen – inspiriert vom traditionellen Mehrwegsystem in Mumbai, wo täglich Hunderttausende „Tiffin-boxes“ transportiert, gereinigt und wiederverwendet werden. Diese Kreislauflogik ist Vorbild und Ausgangspunkt für Irschitz’ Vision einer nachhaltigen Verpackungskultur und passt so ganz und gar zu seinem Verständnis von Gestaltung als System, das Produkt, Service und Geschäftsmodell umfasst.
Schon während seines Architekturstudiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien beschäftigte sich der Tiroler mit Utopien, mit dem Traum einer besseren Welt, der zu größerem Denken, Innovationen und der Gestaltung neuer Räume anregt. In seiner Diplomarbeit „Utopia digital city“ (1997) beschrieb er ein virtuelles Betriebssystem für die reale Welt – lange vor Google Earth. Gleich nach seinem Studienabschluss gründete er mehrere Firmen, darunter Peyote, benannt nach dem bewusstseinsverändernden Kaktus.
Seine frühen Projekte – interaktive Möbel, Lichtvorhänge, der iFrame, iTable und iTube – positionierten Oliver Irschitz als Pionier zwischen realem und virtuellem Raum. Die Arbeiten begeisterten auf der Expo in Shanghai, am Ground Zero in New York und in internationalen Museen. 2003 nominierte das „Time Magazin“ den iTube als Innovation des Jahres – kurz bevor die Dot.com-Blase seine Firma zu Fall brachte.
Aus den Rückschlägen lernte der Unternehmer: Weniger Partner, mehr Fokus, bessere Strukturen. Mit Peyote Cross Design Concepts folgten zwei erfolgreiche Jahrzehnte, in denen er digitale und reale Räume neu verband. Bis 2017. Der Leistungsdruck hat ihn an sein Limit gebracht, weiß Irschitz heute. „Das hat mit der schnellen Entwicklung in der digitalen Technologie zu tun, aber auch mit dem Projektgeschäft in der Kreativwirtschaft per se“, erzählt er. „Während man an einem Projekt arbeitet, muss man schon das nächste akquirieren.“

Zum anderen bestand seine Arbeit aus Bits und Bytes. War der Strom einmal weg, war auch das Ergebnis seiner Arbeit weg, selbst wenn er sie auf Möbeln, Wänden etc. verortete. „Ich komme ja von der Materie und die ist mir immer mehr abgegangen“, beschreibt er einen weiteren Grund für den Richtungswechsel. Also weg vom Digitalen, hin zum Analogen. Obwohl: Bei der Entwicklung seines Designs zur Müllvermeidung nutzte Oliver Irschitz auch digitale Kompetenzen aus früheren Projekten und sein interdisziplinäres Netzwerk: „Gestaltung endet nicht beim Produkt. Es braucht das gesamte System dahinter.“
Fünf Jahre später hat die Idee Gestalt angenommen und präsentiert sich in Form kleiner faltbarer Silikonbecher sowie Behältnisse und Deckel, mit der die Umstellung der Gemeinschaftsverpflegung von Einweg auf Mehrweg gelingen soll. Der Bedarf ist definitiv vorhanden. Landen doch allein in Wien jährlich 1600 Tonnen Einwegverpackungen aus Kunststoff aus der Gemeinschaftsverpflegung im Müll. „dabba“ soll das ändern.
Das ausgeprägte Sensorium des Designers für Themen mit Zukunftspotenzial überzeugt Partnerinnen und Partner in der Gastronomie, bei Produktionsfirmen und Förderinstitutionen. So wird es ihm und seinem Team möglich, Schüsseln, Deckel und ein auf Rückgabe basierendes Mehrwegsystem bis zur Patentreife zu entwickeln. Über konkrete Details hält sich Irschitz bedeckt: Patente laufen, Diskretion ist Pflicht. Doch so viel sei verraten: „dabba“ steht kurz vor dem Markteintritt.


Parallel dazu engagiert sich der gebürtige Kufsteiner bei einem weiteren nachhaltigen Projekt, das ihn wieder nach Tirol führt. „Lauter glückliche Zufälle“, sagt er. Ein Freund arbeitet an Blended-Wing-Konstruktionen, bei denen Rumpf und Flügel verschmelzen. Oliver Irschitz rät, größer zu denken, übernimmt das Design, beteiligt sich an einem neuen Abenteuer. Gemeinsam lukrieren die beiden Fördermittel und gewinnen Partnerinnen und Partner, die sich zu einem internationalen Konsortium aus Industrie und Forschung formieren, mit denen das Team nun einen energieeffizienten Prototyp für acht Passagiere entwickelt.
So konsequent der Designer früher virtuelle Räume entwarf, gestaltet er heute reale Räume für nachhaltige Zukunftstechnologien – mit derselben Vision: intuitiv, interdisziplinär, größer gedacht.


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✉️Oliver@Irschitz.com
ECOdesign & Creative Consultant
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